Bild
Stefan Denzler stellt Befunde des Bildungsberichts vor

Befunde zu den Pädagogischen Hochschulen aus dem Bildungsbericht

Mit dem Semesterbeginn an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen ist auch die öffentliche Vortragsreihe Focus wieder gestartet. Stefan Denzler, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung, stellte in St.Gallen den neuen Bildungsbericht Schweiz vor. Dabei sprach er über Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel, die Wirksamkeit der Ausbildung und die Digitalisierung als Herausforderung für das Bildungssystem.

Mit einem Jahr Verspätung – Grund dafür ist die Covid-19-Pandemie – ist im Frühling dieses Jahres der Bildungsbericht Schweiz erschienen. Auf über 400 Seiten vermittelt er Daten und Informationen zum gesamten schweizerischen Bildungswesen von der Vorschule bis zur Weiterbildung und dient als Grundlage für die Formulierung der gemeinsamen Bildungsziele von Bund und Kantonen. Stefan Denzler, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF), ist Mitautor des Berichts. Der ausgebildete Lehrer hat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften studiert und danach in Politikwissenschaften promoviert. Vor Kurzem war er zu Gast an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG), um im Rahmen der öffentlichen Focus-Vortragsreihe Befunde aus dem Bildungsbericht vorzustellen und über die aktuellen Herausforderungen für die Pädagogischen Hochschulen zu sprechen.

Lehrpersonenmangel Thema im Bericht
Prof. Dr. Christian Brühwiler, Prorektor Forschung & Entwicklung der PHSG, sagte in seiner Begrüssung: «Der Bildungsbericht liefert Steuerungswissen und leistet auch einen Beitrag zur Versachlichung von Themen, die in der Öffentlichkeit heiss diskutiert werden, wie zurzeit der Lehrpersonenmangel» – ein Thema, das Politik und Bildung auch in Zukunft fordern werde. «Der Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern hängt zum einen vom Wachstum der Anzahl Schülerinnen und Schülern ab, zum anderen vom Betreuungsverhältnis», sagte Stefan Denzler. Gemäss Bundesamt für Statistik werde die Zahl der Schülerinnen und Schüler weiter steigen. 

Zu den kurzfristigen und wenig einschneidenden Massnahmen, auf die der Kanton angesichts dieser Entwicklung einen Einfluss habe, zähle unter anderen die Erhöhung der Klassengrösse. Angebotsseitig könnte der Beschäftigungsgrad erhöht werden. Letzteres liege allerdings in der Hand der Lehrpersonen selbst. Massnahmen auf Seiten der Lehrpersonenbildung, mit denen versucht werde, andere Zielgruppen für den Beruf zu gewinnen – etwa die Flexibilisierung der Studiengänge oder die Senkung der Zulassungsbedingungen – würden sich erst mittel- und langfristig auswirken. Zudem würden sie die Qualität der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer tangieren.

Leistungsunterschiede bei unterschiedlichen Maturitäten der PH-Studierenden
Die Autorinnen und Autoren des Bildungsberichts untersuchten auch, welche Abschlüsse die Personen aufweisen, die als Studierenden an die Pädagogische Hochschule (PH) kommen. Hier habe sich die Situation in den vergangenen zehn Jahren verändert, sagte Stefan Denzler. «Gerade auf der Primarstufe haben heute schweizweit gesehen mehr Studierende keine gymnasiale Maturität. Sie besitzen entweder eine Fach- oder Berufsmaturität oder einen anderen Zulassungsausweis.» Hier zeige sich, dass die PH-Studierenden mit FM oder BM geringere kognitive Leistungen mitbringen als jene mit einer gymnasialen Maturität. Dieser Befund ist besonders vor dem Hintergrund der Diskussion über eine prüfungsfreie Zulassung von Personen mit Berufsmaturität relevant.

Pädagogische Hochschule schneiden bei den Studierenden gut ab
Ein weiteres Thema im Bildungsbericht ist die Frage nach der Ausbildungswirksamkeit der PH und nachgelagert der Effektivität der ausgebildeten Lehrpersonen. Dies aus einer gesamtschweizerischen Perspektive darzustellen, sei jedoch schwierig, sagte der Experte, denn der Kompetenzerwerb bei PH-Studierenden habe jede Hochschule bislang individuell für sich erhoben. Eine weitere Schwierigkeit liege auch darin, dass objektive Output-Grössen fehlten. Daher müsse beim Bildungsbericht auf Messgrössen wie etwa der Berufseinstieg («Hier sieht es gut aus, hier haben wir eine hohe Übertrittsquote») und die subjektive Einschätzung durch die Studierenden zurückgegriffen werden («Die PH schneiden im Mittel gut ab bei den Studierenden»). 

«Die Digitalisierung macht uns abhängig»
Als grosse Herausforderung für die Schulen sieht Stefan Denzler auch die rasante digitale Entwicklung. Die Automatisierung und die Entwicklung von KI führe dazu, dass auf dem Arbeitsmarkt zunehmend auch tertiär Gebildete unter Druck kommen würden, wenn kognitive Routinetätigkeiten zunehmend durch Maschinen ersetzt würden. Bildung habe daher – entsprechend ihrer aufklärerischen Funktion – die anspruchsvolle Aufgabe, Menschen zu selbstständig denkenden Individuen zu erziehen, die ihren Verstand auch ohne Maschinen zu nutzen wissen.