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Gruppenbild der Redner:innen Mediengespräch 2022

Flexiblere Studienformen für mehr Attraktivität

Im Mittelpunkt des diesjährigen Mediengesprächs der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) stand die zum Teil angespannte Personalsituation an St.Galler Schulen und wie die PHSG zur Entschärfung der Situation beitragen kann. Die PHSG unterstützt die Schulen, indem sie ihre Studienangebote kontinuierlich ausbaut und auf die Bedürfnisse der Studierenden abgestimmt weiterentwickelt. Gleichzeitig hilft sie bei der Integration der geflüchteten ukrainischen Kinder und Jugendlichen.

Der digitale Wandel, die zunehmende Heterogenität in den Klassen, eine raschere Inklusion und die nachhaltige Entwicklung: Die Lehrerinnen und Lehrer sind heutzutage stark gefordert. «Im Kanton St. Gallen herrscht zwar kein prekärer Lehrermangel, wie in anderen Kantonen der Schweiz», sagte Stefan Kölliker, Vorsteher des Bildungsdepartements des Kantons St.Gallen und Präsident des Hochschulrats der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG), am diesjährigen Mediengespräch vom 20. Juni 2022. Trotzdem zeige eine aktuelle Umfrage des Verbandes der St.Galler Volksschulträger, dass die Schulen auf dieses Schuljahr hin Mühe hatten, genügend Lehrpersonen zu finden. Der Bildungsrat will deshalb verschiedene Massnahmen ergreifen. Eine davon ist die Reaktivierung von pensionierten Lehrkräften. Zudem wird gemäss Stefan Kölliker eine Arbeitsgruppe unter Einbezug aller Anspruchsgruppen gegründet, um gemeinsam langfristige Lösungen im Kampf gegen den Lehrpersonenmangel zu erarbeiten.

Die PHSG bietet bereits heute vielfältige Studienformen an und unterstützt Schulen dadurch, die zum Teil belastende Personalsituation etwas zu entschärfen. Der PHSG ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler von heute und morgen eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten. Aus diesem Grund entwickelt sie ihr Angebot stetig weiter. Dabei setzt sie auf eine Flexibilisierung und Individualisierung ihrer Studiengänge, um diese den Bedürfnissen der Studierenden anzupassen. «So können angehende Lehrpersonen beispielsweise Studium, Beruf und Familie besser vereinbaren und bereits früher in Schulen eingesetzt werden», sagte Doreen Holtsch, PHSG-Prorektorin Ausbildung. Um dem akuten Mangel an Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen entgegenzuwirken, wurden zusätzlich zu den flexibleren Studienangeboten auf Beginn des Herbstsemesters 2022 mehr Plätze im Studiengang Master Schulische Heilpädagogik geschaffen.

Neue Führungs- und Organisationsstrukturen
Damit die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen attraktiv bleibt, entwickelt die PHSG auch ihre Führungs- und Organisationsstruktur weiter. Mit dem Projekt Weiterentwicklung der Führungs- und Organisationsstruktur (WEFO) wird die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Leistungsbereichen intensiviert und der Austausch zwischen den Studiengängen gefördert. «Ziel dieser Reorganisation ist, eine qualitativ hochwertige und zeitgemässe Lehrerinnen- und Lehrerbildung anzubieten, welche die Herausforderungen der Zukunft im Blick hat», sagte PHSG-Rektor Horst Biedermann. Die neue Organisation biete auch Chancen, was die Personalentwicklung und die Nachwuchsförderung betreffe und werde sich diesbezüglich positiv auf die Attraktivität der PHSG als Arbeitgeberin auswirken. Neu werden die Mitarbeitenden über die Studiengänge und Leistungsbereiche hinweg in fachlich ausgerichteten Teams zusammenarbeiten. «So kann ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven bearbeitet werden», sagte Biedermann. Die Expertise werde gebündelt und könne effektiver genutzt werden.

Aktuell unterstützt die PHSG die Schulen auch bei der Betreuung der aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen. Im Rahmen des Projekts «ACCOMPAGNA», das 2016 aufgrund der damaligen grossen Fluchtbewegungen initiiert wurde, werden neu zugewanderte Kinder von Studierenden der PHSG bei der schulischen Integration begleitet. Während 6 bis 12 Monaten treffen die angehenden Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler einmal pro Woche in deren Schulhaus und helfen ihnen in fachlichen und schulorganisatorischen Belangen sowie im Bereich Lernstrategien. «Das Projekt soll zum einen mithelfen, die Bildungschancen von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen zu erhöhen», sagt Projektmitarbeiterin Dr. Julia Ha, die an der PHSG als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut Bildung & Gesellschaft arbeitet. «Zum anderen soll es die Kompetenzen der angehenden Lehrpersonen bezüglich eines diversitätssensiblen und ressourcenorientierten Umgangs mit neu zugewanderten Kindern stärken.» Zurzeit werden 30 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine von insgesamt 17 Studierenden der PHSG betreut. Seit Projektbeginn wurden insgesamt über 100 neu zugewanderte Kinder und Jugendliche aus allen Kantonsgebieten und aus Appenzell Ausserrhoden von mehr als 80 Studierenden unterstützt.

Partizipation an Schulen
Zusammen mit der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg und der Zeppelin Universität in Friedrichshafen hat die PHSG die Möglichkeiten, Bedingungen und Folgen von Partizipation in der Schule untersucht. Dabei wurden rund 3000 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I in der Ostschweiz, in Vorarlberg und in Baden-Württemberg befragt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Mitbestimmung einen positiven Effekt auf das Interesse der Schülerinnen und Schüler am Unterricht hat. Die politische und demokratische Bildung gilt in der Schweiz zwar weder als Fach noch bekommt sie eine Stundendotation, sie ist aber im Lehrplan 21 verankert. «Schulische Partizipation hat nach unseren Daten einen Einfluss auf die selbsteingeschätzte politische Kompetenz von Schülerinnen und Schülern», sagt Michael Beck, Leiter Institut Bildung & Gesellschaft an der PHSG. Wenn man davon ausgehe, dass die politische Selbstwirksamkeit das konkrete Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinschaft und das Vertrauen in die Legitimation demokratischer Entscheidungsprozesse stärke, so könne Partizipation in der Schule einen wertvollen Beitrag liefern.