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Teilnehmende der Lagersport/Trekking-Woche

Didaktik im verregneten Wald

In der J+S-Lagersport/Trekking-Woche lernen angehende Lehrpersonen, eine Outdooraktivität mit Schülerinnen und Schülern durchzuführen. Dabei geht es nicht nur um Karten und Kompass lesen, sondern auch um Schlafplätze und Kochstellen bauen.

Es regnet in Strömen. Der Boden im Wald bei Niederhelfenschwil ist matschig, die Temperaturen tief. Trotzdem wird hier zwischen Bäumen und Tannen, inmitten von Sträuchern und Büschen, fleissig gearbeitet. Ausgerüstet mit gutem Schuhwerk und regendichter Kleidung sind Studierende der Pädagogischen Hochschule St. Gallen (PHSG) damit beschäftigt, eine grosse Zeltbahn, die sie zuvor aus einzelnen Militärplachen zusammengesetzt haben, zwischen zwei Bäumen hochzuziehen. Es soll das Gemeinschaftszelt werden, in dem die Gruppe später am Lagerfeuer zusammensitzen kann. Noch aber ist es nicht so weit. Die Studierenden ziehen gleichmässig an den beiden Seilen, an denen die Plane befestigt ist. Doch irgendwie geht es nicht vorwärts, auf einer Seite klemmt es. Kurzerhand klettert ein Student ein Stück weit den Baum hoch. Die Seile haben sich verheddert. Er löst die Verwicklung, und es kann weitergehen. 

Beliebtes Freifach
Der Bau des Gemeinschaftszelts ist Teil der J+SLagersport/Trekking-Woche, welche die PHSG im Rahmen ihres Schwerpunktstudiums «Natur als Bewegungsraum» im Fachbereich Gestalten, Musik und Bewegung/Sport jedes Jahr durchführt. Das Schwerpunktstudium ist freiwillig gewählt, umso mehr freut es die beiden Verantwortlichen Peter Vollenweider, Lernberater Regionales Didaktisches Zentrum (RDZ) Rorschach, und Johannes Hensinger, Dozent Bewegung und Sport an der PHSG, dass sich auch dieses Mal 36 Studierende dafür entschieden haben. «Der Schwerpunkt ist sehr beliebt», sagt Peter Vollenweider, «wir haben durchschnittlich zwischen 35 und 45 Studierende.»

Erst buddeln, dann backen
In «Natur als Bewegungsraum>, lernen die angehenden Lehrpersonen, eine Outdooraktivität oder ein Lager zu planen, zu rekognoszieren, durchzuführen und auszuwerten. Ausserdem wird ihnen beigebracht, wie man sich mit einer Schulklasse sicher in der Natur bewegt, wie man sich im Gelände mit einer Karte und einem Kompass orientiert und man Gefahren frühzeitig erkennt. Die theoretischen Elemente werden in den Schulräumen vermittelt, die praktischen während der Blockwoche im Wald. Ein paar Meter entfernt vom Gemeinschaftszelt buddeln ein paar Studierende mit Schaufeln ein Loch. Darin möchten sie später einen Backofen bauen. Wie das geht, hat ihnen Johannes Hensinger zuvor gezeigt. Die Granitplatten, die es dazu braucht, hat er mitgebracht. Zur Sicherheit, wie er sagt, falls es keine passenden Steinplatten in der Nähe gebe. Trotzdem sind einige Studierende ausgeschwärmt, um ähnliche Platten und Holz zu sammeln. Ihr Ziel ist es, in diesem Natur-Backofen Nussschnecken und Apfeljalousien aus Blätterteig zu backen. «Ist das Loch tief genug?», fragt eine Studierende. Der Leiter schaut kurz hinein und antwortet: «Noch nicht ganz. Grabt noch etwas weiter.» Livia Eisenring aus Schwarzenbach steht daneben und wartet auf ihren Buddel-Einsatz. Ihr macht die Outdoorwoche grossen Spass. «Ich lerne viel Neues und bekomme gute Ideen, was man mit den Schülerinnen und Schülern zukünftig alles draussen unternehmen kann», sagt die angehende Primarlehrerin. Einziger Kritikpunkt: das Wetter. «Es hätte schon etwas trockener und wärmer sein dürfen», sagt sie, zieht die Kapuze tiefer ins Gesicht und nimmt eine Schaufel in die Hand. 

Volles Programm 
Die Studierenden verbringen die ganze Woche im Wald. Allerdings nur tagsüber, geschlafen wird in einer nahegelegenen Unterkunft. «Normalerweise verbringen wir auch die Nächte im Wald - in Zelten», sagt Peter Vollenweider. Dieses Mal haben ihnen aber der Regen und die kühlen Temperaturen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Tage draussen sind ausgefüllt: Es gibt eine Velotour, bei der die Studierenden verschiedene Orientierungsaufgaben lösen müssen, eine Wanderung, die geplant und dann durchgeführt wird, sowie das Walderlebnis, bei dem ein Truppenlager samt Gemeinschaftszelt aufgebaut, die Seiltechnik erlernt, ein Feuer entfacht und Wasser abgekocht wird.

«Als Teil des Sportförderprogramms Jugend+Sport bekommen wir viel Material zur Verfügung gestellt», sagt Vollenweider. «Die Studierenden lernen auch, wie mit diesen Materialien wie Militärplanen, Seilen, Beilen und Spaten umzugehen und sie später mit ihren Klassen richtig einzusetzen.» Das Schwerpunktfach «Natur als Bewegungsraum» ist gleichzeitig eine Ausbildung, die mit der Anerkennung J+S-Leiter- Lagersport / Trekking mit Zusatz Lagerleiterin / Lagerleiter abgeschlossen wird. 

Eine Ideenbörse
Mittlerweile haben die Studierenden die zusammengeknöpften Militärplachen hochgezogen und festgemacht. Zudem sind auf zwei Seiten weitere Plachen befestigt worden, die vor Wind und Regen schützen sollen. Aktuell wird die Lagerfeuerstelle eingerichtet. Einer der Studierenden, der in dieser Gruppe mitarbeitet, ist Joel Bieri aus Arnegg. Für ihn ist die Woche eine «super Ideenbörse». Er lerne sehr viel, sagt er. Der angehende Lehrer, der das Studium berufsbegleitend absolviert, will mit seinen künftigen Schülerinnen und Schülern das eine oder andere umsetzen. «Ich kann mir gut vorstellen, dass es den Kindern gefällt, draussen in der Natur einen Backofen zu bauen.»